Florence Price
Florence Price gab im Alter von nur vier Jahren ihr erstes Klavierkonzert, mit elf Jahren veröffentlichte sie erste Kompositionen. Der große Durchbruch blieb ihr dennoch verwehrt.
Nelidoff /University of Arkansas

Afroamerikanerin, Alleinerzieherin und Komponistin von mehr als 400 klassischen Musikstücken. Das Leben der Florence Price, die es als erste schwarze Frau schaffte, dass ein großes amerikanisches Orchester eines ihrer Werke spielte, war außergewöhnlich. Am 29. und 30. April kann man im Rahmen eines Symposiums an der Kunstuniversität Graz mehr über die kaum bekannte Ausnahmekünstlerin erfahren.

Junges Ausnahmetalent

Doch wer war diese Pionierin der Musikwelt? 1887 in Little Rock, der Hauptstadt von Arkansas, in eine ethnisch gemischte Familie geboren, zeigte die kleine Florence schon früh ein besonderes musikalisches Talent. Im Alter von nur vier Jahren gab sie ihr erstes Klavierkonzert, mit elf wurde ihre erste Komposition veröffentlicht. Es folgte ein Studium in Musiktheorie und Klavier, bald entstanden zahlreiche Lieder.

Trotz ihrer herausragenden Begabung schlug sie zunächst ein traditionelles Leben ein. Sie heiratete und bekam drei Kinder. Als die Stimmung in ihrer Heimatstadt, nachdem ein Mob einen Schwarzen gelyncht hatte, zu kippen drohte, zog die Jungfamilie nach Chicago. Dort knüpfte Price Kontakte zur Chicago Black Renaissance, einem losen Zusammenschluss afroamerikanischer Künstler und Künstlerinnen. Kurze Zeit nach dem Umzug wurde ihre Ehe geschieden.

Ruhm ohne großen Durchbruch

Price, nun Alleinerzieherin, schlug sich als Klavierlehrerin durch. Sie komponierte unaufhaltsam, egal ob populäre Lieder unter dem Pseudonym "Vee Jay", Musikstücke für Stummfilme und das Radio oder ganze Symphonien. Zu vielen Liedern schrieb sie selbst die Texte. Ihren größten Erfolg feierte sie 1933, als ihre Symphonie in e-Moll im Rahmen der Weltausstellung vom renommierten Chicago Symphony Orchestra uraufgeführt wurde.

Zeitlebens wurden ihre Stücke von großen Musikern und Musikerinnen gespielt. Anerkennung erfuhr sie auch 1939, als die Altistin Marion Anderson das von Price arrangierte Spiritual My Soul's been anchored in the Lord vor 75.000 Menschen in Washington, D.C., darbot. Zum großen Durchbruch sollte es aber nie reichen. Für eine Afroamerikanerin wie Price war die gläserne Decke im Amerika der 1930er und 1940er nicht zu durchbrechen. Price starb 1953 im Alter von 66 Jahren.

Gegen alle Widrigkeiten

"Es ist unglaublich bemerkenswert, wie sie sich als schwarze Frau durchgesetzt hat, trotz aller Widrigkeiten", sagt Sascha El Mouissi, Hochschullehrer und Pianist. Gemeinsam mit seiner Kollegin Christa Brüstle, die das Zentrum für Gender und Diversität an der Kunstuniversität Graz leitet, hat er das Symposium konzipiert. El Mouissi ist selbst durch Zufall auf Price aufmerksam geworden. Schließlich hat sie es neben Heerscharen an weißen Männern nie in den Kanon der klassischen Musik geschafft. Von ihrer Musik war El Mouissi von Anfang an begeistert: "Price hat mir einen neuen musikalischen Kontinent erschlossen. Sie war eine brillante Pianistin und Organistin. Es ist hoch an der Zeit, sie neu zu entdecken", erklärt er.

Zu entdecken gibt es noch sehr viel. El Mouissi hat sich in Arkansas im Price-Nachlass auf Spurensuche begeben. Denn Prices' Schaffen ist bislang kaum erschlossen. Der Großteil ihrer Kompositionen ist bisher weder ediert noch veröffentlicht. Das Symposium der Kunstuniversität Graz will dies nun ändern. In Vorträgen wird Prices Leben und Schaffen beleuchtet. Die Pianistin Samantha Ege, der Sänger Ted Black sowie Studierende der Institute für Gesang und Klavier werden außerdem einige ihrer Stücke spielen.

Schatz der Diversität

"Price steht für Vielfalt in der klassischen Musik. Und die wollen wir fördern", erklärt El Mouissi die Motivation hinter dem Symposium. Dass es ein Interesse an Komponisten und Komponistinnen abseits des Klassik-Mainstreams gibt, merke er an seinen Studierenden. "Bei uns studieren Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, Komponistinnen wie Price sind da ein wichtiges Vorbild, weil sie zeigen, dass Diversität auch in der klassischen Musik möglich ist", sagt El Mouissi.

Wie bereichernd das sein kann, merkt man gerade an Prices' Musik. So hat sie das afroamerikanische Spiritual als Inspirationsquelle für die Klassik entdeckt, und so das Genre weiterentwickelt. El Mouissi ist überzeugt davon, dass gerade nichtkanonisierte Komponistinnen spannend sind: "Hier schlummern noch viele Schätze." Im Fall von Florence Price kann man sich Ende April in Graz davon überzeugen. (Paul M. Horntrich, 28.4.2024)