Wien/Mainz – Jan Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" über die FPÖ hat kein rechtliches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Mainz sieht von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, das teilte sie dem STANDARD mit. "Nach dem in den Anzeigen vorgetragenen Sachverhalt war kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten gegeben", lässt die Staatsanwaltschaft Mainz auf Anfrage wissen.

ZDF-Satiriker Jan Böhmermann
Kein Ermittlungsverfahren gegen ZDF-Satiriker Jan Böhmermann nach der Sendung über die FPÖ.
ZDF Magazin Royale Screenshot

Skandale der FPÖ

Wie berichtet, gingen nach der Sendung des ZDF-Satirikers über die FPÖ mehrere Anzeigen ein. Böhmermann wetterte in einer Ausgabe des "ZDF Magazin Royale" vom Februar 2024 gegen die Partei und FPÖ-Chef Herbert Kickl, indem er etwa an Skandale wie die Liederbuchaffäre oder Überschneidungen mit den Identitären erinnerte und zahlreiche "Einzelfälle" freiheitlicher Funktionäre aufs Tapet brachte. Die Staatsanwaltschaft Mainz sammelte die Anzeigen und prüfte, ob es den Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung gebe.

FPÖ witterte Aufruf zur Tötung

FPÖ-Chef Herbert Kickl warf Jan Böhmermann vor, er habe in seiner Sendung "zur Tötung von Politikern der FPÖ und AfD aufgerufen". Der Stein des Anstoßes war der Satz: "Liebe 3sat-Zuschauer*innen, bitte nicht vergessen: nicht immer die Nazikeule rausholen, sondern vielleicht einfach mal ein paar Nazis keulen." Im Duden wird "keulen" so definiert: "Nutztiere töten, um Tierseuchen zu verhindern oder einzudämmen." Im umgangssprachlichen Kontext kann es die Bedeutung von Selbstbefriedigung haben.

"Nazikeule" als humoristisches Element

Mehrere Anzeigeerstatterinnen und Anzeigeerstatter sahen in dieser Formulierung einen Aufruf zur Tötung von Politikerinnen und Politikern der AfD und der FPÖ. Teilweise wurde moniert, der Tatbestand des § 130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) sei erfüllt, da mit der Äußerung zum Hass aufgestachelt werde, erklärt Andrea Keller, Leitende Oberstaatsanwältin in Mainz. "Vor dem Hintergrund des Gesamtkontextes und des Inhalts der Sendung, in der die in den Strafanzeigen beanstandeten Äußerungen gefallen sind, greift letztlich eine Interpretation der Aussage als 'Mordaufruf' zu kurz. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Formulierung 'ein paar Nazis keulen' an die in der Sendung zitierte Aussage des CDU-Parteivorsitzenden 'diese Nazikeule bringt uns nicht weiter' anknüpft und sich als Wortspiel mit dieser erweist." Der Begriff der "Nazikeule" werde mit seinem Bedeutungszusammenhang in der Sendung "mehrfach in humoristischer Weise aufgegriffen".

"Satirisch-ironisches Element"

"Es handelt sich bei der Aussage des Angezeigten mithin um ein satirisch-ironisches Element einer Gesamtdarstellung, um in drastischen Worten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in der Diskussion über die Ziele und das Handeln rechtspopulistischer Parteien zu erregen. Die Aussage des Angezeigten ist daher nicht geeignet, bei einem Durchschnittsbeobachter den Eindruck zu erwecken, der Angezeigte wolle ernstlich zum einem Angriff auf Leib und Leben von 'Nazis' bzw. Politikerinnen und Politiker der AfD oder der FPÖ auffordern. Ein Anfangsverdacht für ein Vergehen nach § 111 Strafgesetzbuch (öffentliche Aufforderung zu Straftaten) besteht daher nicht", so Keller.

Darüber hinaus sei auch der Straftatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt. Das würde ein "besonderes Maß an Gehässigkeit und Rohheit oder eine besonders gehässige Ausdrucksweise" voraussetzen. "Diese erhebliche Grenze wird hier indes mit Blick auf den Umstand, dass es sich um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und gerade nicht um eine anlasslose, emotionalisierende Verbreitung von Stimmungen gegen eine Personengruppe handelte, nicht überschritten", heißt es. (Oliver Mark, 22.4.2024)