Es waren dramatische Worte, mit denen die Pannonische Tafel (Panta) im März um Hilfe bat: "Seit das Land Burgenland uns die Lebensmittel an unseren beiden Standorten in Eisenstadt und Oberpullendorf streitig macht, gehen uns die dringend benötigten Frischwaren fast komplett aus!" Deswegen bat die Panta um Spenden von Vereinen, Kirchen oder: "Vielleicht magst du aber auch bei deinem nächsten Einkauf einfach etwas Frisches miteinkaufen?" Doch wie nimmt das Land Burgenland der Tafel die Lebensmittel weg?

Ein Mann im Sozialmarkt der hilft die neue Lieferung zu verarbeiten
Bevor der Sonnenmarkt in Eisenstadt aufgemacht hat, waren die Regale der Pannonischen Tafel wenn schon nicht üppig, aber doch befüllt. Inzwischen bleiben sie oft leer, weil frische Lebensmittel fehlen.
Guido Gluschitsch

"Der Zukunftsplan Burgenland sieht die Errichtung eines Sozialmarkts pro Bezirk vor", heißt es aus dem Büro von Soziallandesrat Leonhard Schneemann (SPÖ). Der Plan basiert "auf der Grundlage, dass im Burgenland rund 49.000 Menschen von Armut gefährdet sind und an die 14.500 Menschen mit der Mindestpension auskommen müssen." Nicht einbezogen wird, dass es mit der Panta und der Tafel des Roten Kreuzes bereits zwei ähnliche Projekte an mehreren Orten im Burgenland gibt.

"Schon damals wies ich den Landeshauptmann darauf hin, dass es wichtiger wäre, bestehende Angebote zu unterstützen und abzusichern, statt eine Parallelstruktur aufzubauen", erklärt die Klubobfrau der burgenländischen Grünen, Regina Petrik.

Doppelt besetzte Standorte

Inzwischen gibt es die Sonnenmärkte des Landes Burgenland an mehreren Standorten, so auch in Oberpullendorf und Eisenstadt, wo die Pannonische Tafel nun unter der Sozialmarktkonkurrenz leidet. Dabei galt lange Zeit als ausgemacht, dass sich das Land nicht an Standorte setzt, die bereits von anderen Sozialmärkten betreut werden. Panta-Chefin Andrea Roschek war für den STANDARD nicht erreichbar, um Klarheit in die Sache zu bringen.

Aus dem Büro des Soziallandesrats reagiert man auf den Vorwurf gelassen: "Die Sonnenmärkte nehmen keine Waren weg. Es gibt lediglich Kooperationen mit Handelsunternehmen, so wie es auch die Pannonische Tafel handhabt." Zudem seien die Sonnenmärkte mehr als nur ein Sozialmarkt, man biete einen Begegnungsraum und Erwachsenensozialarbeit.

Treffpunkt und Hilfe bietet die Panta auch, und zudem bietet sie die Lebensmittel deutlich günstiger wenn nicht gar gratis an, ist ein weiterer Vorwurf. Klar sei auch, dass Supermärkte wohl lieber dem Land Lebensmittel abtreten als der Pannonischen Tafel, in der Hoffnung, dass sich das Land daran erinnere, wenn der Supermarktbetreiber einmal etwas brauche.

Unterschiedliche Modelle

"Es ist nicht einzusehen, warum die Sonnenmärkte nicht neue Quellen ausmachen, wenn sie ein Zusatzangebot auf den Markt bringen. Der Verteilungskampf ist evident", sagt Petrik.

Bei Sonnenmarkt und Pannonischer Tafel handle es sich um zwei unterschiedliche Modelle, erklärt sie, wobei es bei beiden darauf ankomme, "dass sie so umgesetzt werden, dass Menschen in Würde ihre Besorgungen machen können und wertschätzend behandelt werden. Die Schieflage im Burgenland besteht dadurch, dass hinter den Sonnenmärkten viel Steuergeld und Macht der Politik liegt, während die Tafeln von Ehrenamtlichen getragen werden und wenig bis keine öffentlichen Förderungen bekommen."

Nun kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der die Kritiker der landeseigenen Sozialmärkte vor allem in den sozialen Medien auf den Plan ruft: Die Sonnenmärkte suchen Personal, und in den Inseraten ist davon die Rede, dass der Handels-Kollektivvertrag (KV) bezahlt werde – wo es doch im Burgenland den von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil geforderten Mindestlohn im Landesdienst gibt. Weil die Betreiber der Sonnenmärkte die Volkshilfe und Sooogut sind, die Sozialen Dienste Burgenland nur Fördergeber sind, wäre es auch rechtens, unter dem Mindestlohn zu zahlen.

Mindestlohn als Förderkriterium

Doch aus dem Büro Schneemann heißt es: "Gefördert wird nur unter gewissen Voraussetzungen, eine davon ist der burgenländische Mindestlohn" – liegt der KV-Lohn also unter dem burgenländischen Mindestlohn, wird bis zu diesem aufgezahlt.

Das ändert aber nichts an einer generellen Kritik, die Petrik vorbringt: "Die Aufgabe einer politischen Partei ist es, an der Veränderung der Strukturen zu arbeiten, um den Betrieb von Tafeln irgendwann einmal obsolet zu machen, weil sie nicht mehr gebraucht werden." So lange das noch nicht geschafft sei, gelte es, bestehende Angebote, die von der Zivilgesellschaft getragen sind, zu unterstützen – mit Räumen, Energie, Fahrzeugen und Fachpersonal im Bereich der Sozialarbeit.

Warum der Streit zwischen Pannonischer Tafel und Land Burgenland letzten Endes Züge eines Verdrängungskampfs annimmt, lässt sich nicht vollends klären. Das Land sagt: "Die Pannonische Tafel war ab den ersten Gesprächen in das Projekt eingebunden." Andrea Roschek entgegnete bei einer Pressekonferenz 2023, dass sie sich dabei nie ernst genommen fühlte. Anders sieht man das im Büro Schneemann: "Letztlich dürfte der Hauptgrund für das Scheitern einer Kooperation dem Umstand geschuldet sein, dass die Pannonische Tafel nicht mit den Förderrichtlinien konform geht. Wir sind immer offen für eine sinnstiftende Zusammenarbeit." (Guido Gluschitsch, 28.3.2024)